Eisberg (1800 m) und Edelweißlahnerkopf (1953 m) am 31.05.2025

Diese Tour auf die beiden östlichsten Gipfel der Reiteralpe sollte eigentlich am Christi Himmelfahrtstag, Donnerstag 29.05.2025 stattfinden, aufgrund der schlechten Wettervorhersage verschiebt unsere Tourleiterin Margot die Unternehmung kurzfristig auf den darauf folgenden Samstag. Diesen Ausweichtermin können nicht alle angemeldeten Teilnehmer wahrnehmen, eine Teilnehmerin verletzt sich kurz vorher am Knie und muss absagen. So sind wir heute nur zu viert unterwegs.

Bei schönstem Wetter starten wir unsere Tour um 8 Uhr an einem kleinen Parkplatz bei Brandhäusl nahe Triebenbach unweit des Hintersees. Die klotzigen und schroffen Felsen des Edelweißlahnerkopfs links und des Eisbergs rechts leuchten uns in der Morgensonne schon beim Abmarsch einladend entgegen. Doch erst geht es recht gemächlich durch lichten Bergwald hinauf zum Antonigraben. Hier steilt das Gelände an, es wird felsig, wir müssen öfter die Hände zu Hilfe nehmen. Am Fuß der Ostwand des Edelweißlahners halten wir uns rechts und erreichen bald den Eisbergsteig, einen anspruchsvollen und exponierten Anstieg zur Eisbergscharte. Wir wählen die „Leiterl“-Variante, weiter rechts besteht auch die Möglichkeit, über die „Platte“ aufzusteigen. Bei beiden Optionen hat man ordentlich Luft unterm Hintern, und oben vereinigen sich beide Kraxelrouten eh wieder. Luftig, teilweise sehr luftig, geht es noch eine Zeitlang weiter, der anstrengende Steig verlangt unsere volle Konzentration, wo vorhanden nehmen wir die Seilsicherungen gerne an. Bei Verschnaufpausen genießen wir die grandiosen Tiefblicke hinunter zum Hintersee und hinüber zum imposanten Hochkaltermassiv und dem nicht minder eindrucksvollen Watzmannmassiv links dahinter. An der Eisbergscharte wird das Gelände angenehmer, Gras, Büsche, Latschen, lichter Bergwald. Markierungen zum Gipfel gibt es nicht, Pfadspuren verlieren sich immer wieder, aber schließlich finden wir den Zustieg zum ersten, dem südlichsten Gipfelkreuz. Gute drei Stunden haben wir bis hierher gebraucht, wir gönnen uns eine ausgiebige Gipfelrast und bewundern dabei die spektakulären Aus- und Tiefblicke und die traumhafte Rundumsicht auf alles, was in den Berchtesgadener Bergen Rang und Namen hat.

Der Weiterweg führt uns über den vollständig mit Latschen bewachsenen Eisbergkamm, der sich nach Norden hin erstreckt. In einigem Auf und Ab passieren wir noch drei weitere Gipfelkreuze, die uns natürlich jeweils zu einem kurzen Innehalten und Gipfelfoto machen einladen. Besonders eindrucksvoll ist das letzte (vermutlich nicht offizielle) Kreuz, das aus Knüppelholz kunstfertig und ausdrucksstark gestaltet ist und von einem Steinhaufen gehalten wird. Hier beginnt dann auch der Abstieg nach Westen hinunter zur Senke zwischen dem Eisberg und dem Edelweißlahner, unserem nächsten Ziel.

Wir kommen an einer gepflegten Jagdhütte im Gebiet der ehemaligen Eisbergalm vorbei, durchqueren die Senke und stoßen bald auf den Aufstiegsweg zum Edelweißlahnerkopf. Der Steig ist sehr gut markiert und leitet uns durch typisches, ausgewaschenes Karstgestein nach oben. Oft müssen wir die Hände zu Hilfe nehmen, etwas ausgesetzt und luftig wird es aber nur kurz unterhalb vom Gipfel. Hier kommt auch der Steig hoch, der vom Antonigraben direkt heraufführt. Es ist schon fast drei Uhr, als wir schließlich den Gipfel des Edelweißlahnerkopfs erreichen. Auch hier ist die Aus- und Rundumsicht phänomenal, auch können wir das beeindruckende Hochplateau und die Weite der Reiteralpe bewundern. Wir gönnen uns eine kleine Gipfelrast und brechen wieder auf. Die Zeit ist schon fortgeschritten und der Abstieg noch lang.

Zunächst geht es über den Aufstiegsweg wieder hinunter vom Edelweißlahner, in der Senke der Eisbergalm angekommen wenden wir uns nordwärts, um zum „Eingeschossenen Steig“ zu gelangen, der uns hinunter zum Schwarzbachtal bringen soll. Zwischen den hoch aufragenden Felswänden des Zirbenecks und des Eisbergs leitet ein steiler, teilweise recht schottriger und rutschiger Pfad hinunter in ein lichtes Waldgebiet, das an einer hohen Felswand, dem Ostausläufer vom Zirbeneck jäh endet. Über ein paar Eisenbügel steigen wir spektakulär in ein schmales Band, das vor langer Zeit in diese Feldwand gesprengt (eingeschossen) wurde und dem Steig seinen Namen gibt. Steil führt das schmale Band schräg die senkrechte Felswand hinunter, an einem Drahtseil können wir uns festklammern und vorsichtig hinunter hangeln. Von oben rinnt und tropft beständig Wasser herunter, das Drahtseil ist dadurch rostig und rutschig, das Felsband sowieso. Angefeuchtet vom Schweiß und vom Tropfwasser erreichen wir schließlich den Fuß der Wand und gehen über einen glitschigen Wiesenhang hinunter in den Wald. Dort bringt uns ein Pfad zum Wachterlsteig und hinunter zum Parkplatz Wachterl an der B 305.

Mittlerweile ist es schon 19 Uhr, wir haben deutlich länger gebraucht als die veranschlagten acht Stunden, und es liegt noch ein etwa dreiviertelstündiger Hatscher zu unserem Parkplatz bei Brandhäusl vor uns. Glücklicherweise können unsere beiden Damen zwei österreichische Wanderer, die gerade in ihr Auto steigen wollen, überreden, sie zu unserem Auto zu fahren. Weniger später holt Margot die beiden zurück gebliebenen Männer auf und wir können ohne weitere Fußmärsche den Heimweg antreten.

Diese grandiose, anspruchsvolle und einsame Tour (wir haben über den ganzen Weg nur eine handvoll Menschen getroffen) hat zumindest mir konditionell sehr viel abverlangt, war aber für mich und auch für die anderen sehr eindrucksvoll, erlebnis- und abwechslungsreich. Es ist schon erstaunlich, welch ungeheure Vielfalt, alpine Herausforderungen, sowie Tief- und Ausblicke die Reiteralpe trotz der vergleichsweise geringen Höhen unserer beiden Gipfelziele bietet. Herzlichen Dank an unsere Tourführerin Margot für diese extrem schöne Tour.

Manfred Stiegler