Alpenüberquerung Salzburg – Triest, Etappe IV

Die vierte Etappe der Alpenüberquerung führte uns von Tarvisio/Italien durch die Julischen Alpen bis nach Tolmin in Slowenien, dabei durchquerten wir auch den Triglav Nationalpark. Insgesamt sind wir stolze 10.500 Höhenmeter und ca. 71 km gelaufen.

1. Tag – Tarvisio nach Rifugio Zacchi

Wir starten am Sonntagfrüh zu fünft mit dem Zug von Grafing-Bahnhof nach Tarvisio und steigen auf recht feuchtem Boden und wolkenverhangenem Himmel bis zur Rifugio Zacchi/Italien auf 1380 m hoch.

Eine große Überraschung erwartet uns bei den Laghi di Fusine – Weißenfelser Seen, der untere See ist schon sehr ausgetrocknet, aber beim oberen See, Lago di Fusine Superiore – Obere Weißenfelser See, findet ein Open-Air-Musikfestival No Borders Music Festival, statt und eine Rockband macht großartige Stimmung.

Das Rifugio Zacchi ist im Nachhinein betrachtet sehr „luxuriös“ ausgestattet mit Dusche, fließendem Wasser und es gibt eine große Auswahl an typischen Gerichten der Friaulischen Küche, wie Frico, zubereitet mit einheimischen Käsesorten, die berühmten Würstel der Metzgerei „Piazza“ im Dorf Sutrio und das Hirschgulasch, serviert mit Socchieve Polenta. Das Menü ist mehr als ausreichend und wir können uns für die morgige Tour richtig sattessen. Das Personal ist auch sehr freundlich.

2. Tag – Rifugio Zacchi nach Poštarski dom na Vršiču

Am nächsten Tag geht es bei nebeligem Wetter in dem fast weglosen Gelände nach Slowenien in Richtung Poštarski dom na Vršiču. Wir haben leider kaum Sicht auf die Berge, weil es hier oben total wolkenverhangen ist. Doch unsere Stimmung wird mit einer schönen Mittagspause, samt Köstlichkeiten wie Kaiserschmarrn, bei Planinski dom Tamar aufgehellt.

Die Hütte Poštarski dom na Vršiču steht auf einer Südterrasse unterhalb des 1737 m hohen Vršič, der sich über einer Straßenkreuzung erhebt, von wo man eine großartige Aussicht hat. Hier, wo jetzt das Haus liegt, war zwischen den beiden Kriegen ein Grenzposten. In dieser Hütte lernen wir einige Wanderer kennen, die wir auf unserer Route immer wieder treffen.

3. Tag – Poštarski dom na Vršiču nach Pogacnikov dom na Kriskih podih

Der strahlend blaue Himmel am nächsten Tag eröffnet uns eine Sicht auf die umliegenden Berge, und wir sehen erst jetzt, in welch grandioser Kulisse wir uns befinden. Das üppige Frühstücksbuffet erfüllt alle unsere kulinarischen Träume und es geht gestärkt mit steilen Serpentinen hinauf zur nächsten Hütte Pogacnikov dom na Kriskih podih auf 2.050 m, der Schutzhütte am Razor.

Die Hütte liegt oberhalb des Sočatales und bietet eine hervorragende Aussicht über die umliegenden Berge. Von der Hütte aus kann man auch die Gipfel wie den Razor, Planja und Bovški gamsovec besteigen. Beim Abstieg zur Hütte sehen wir einige Gämsen, die seelenruhig, ohne Scheu, in nächster Umgebung ein Sonnenbad nehmen.

Begeistert hat uns die technische Ausstattung der Hütte, die mittels Windrades und Solarpanels selbst Strom erzeugt. Auch gibt es durch Quellen und smaragdgrüne Hochgebirgsseen Wasser auf der Hütte. Die Hütte ist eigentlich total über füllt mit Wanderern, der Gastraum zu klein, aber die perfekte Organisation im Servicebereich verhindert ein Chaos. Daran zeigt sich, wie beliebt dieser Standort für Bergsteiger ist.

4. Tag – Pogacnikov dom na Kriskih podih nach Koča na Doliču

Am nächsten Tag sehen wir endlich eine Herde von vier bis acht Steinböcken und Steingeißen, die imposant auf dem Gipfel ihre Hörner zeigen, Christian und Viktor gehen separat über den Bovški Gamsovec, 2.392 m. Wir treffen uns dann wieder und wandern gemeinsam wir über alte Militärpfade, die in den Felsen gesprengt worden sind, Richtung Koha na Dolicu auf 2151 m.

Sie wird auch Triglavhütte genannt, weil man von hier den höchsten Berg Sloweniens, den Triglav, 2864 m, besteigen kann. Wie schon angekündigt in diversen Reiseführern ist die Ausstattung der Koča na Doliču sehr spartanisch. Da es hier, wie fast überall auf den Hütten, Wassermangel gibt, müssen wir uns mit einer „Katzenwäsche“ zufriedengeben. Ein einziges (für Gäste) zugängliches Waschbecken befindet sich im Flur/Eingangsbereich, wobei aber kein Wasser fließt. Man muss also sehr kreativ über seine Morgentoilette nachdenken. Die Toiletten befinden sich draußen in einem Holzhäuschen/Plumpsklo (recht sauber), wobei man nachts natürlich nicht seine Stirnlampe und WC-Papier vergessen sollte. Neben dem starken Wind ist die größte Verwirrung, welches Toilettenhäuschen dem jeweiligen Geschlecht zugeordnet ist: M (mož) oder Ž (Ženska)? Tja, sich halt vor Reisebeginn mit der Landessprache auseinanderzusetzen, wäre manchmal recht hilfreich. Diese allgemeine Verwirrung begleitet uns (auch andere Wanderer) allerdings auch bei den folgenden Hütten. Aber insgesamt ist die Stimmung auf der Hütte, wieder restlos ausgebucht, sehr gut, der Wirt begrüßt jeden Gast persönlich und kauderwelscht zwischen slowenisch, englisch und deutsch.

5. Tag – Koča na Doliču nach Dom na Komni

Am nächsten Tag trennen sich kurz unsere Wege, da Beata, Viktor und Christian die Variante mit Klettersteig über den Kanjavec wählen. Marcel und Simone gehen über den Luknja-Pass und wir treffen uns dann in der Hütte Zasavska Koča na Prehodavcih, wo eine schmackhafte Bewirtung auf uns wartet: ein Bean-Stew und ein köstlicher, traditioneller Kuchen. Wir sehen eine architektonische Besonderheit in Form einer Biwak-Hütte auf einem Betonpfeiler, wahrscheinlich weil dort im Winter sehr viel Schnee liegt.

Weiter geht es durch die Karstlandschaft am Triglav bis wir einen ersten Blick auf das Sieben Seen Tal werfen können. Wir gehen an ausgetrockneten „Seen“, eher Tümpeln, vorbei, auch hier zeigt sich die Wasserknappheit in den Bergen, bis wir im glasklaren, türkisgrün schimmernden Nierensee baden.

Unser Weg führt uns an der Hütte Koča pri Triglavskih Jezerih, einer Berghütte mit Postkartenblick auf den Double Lake, vorbei. Diese Hütte steht wahrscheinlich an erster Stelle, wenn es um idyllische Orte geht. Sie liegt direkt am Doppelsee, einem der sieben Triglav-Seen im alpinen Gletschertal, das auch Tal der Triglav-Seen oder Sieben Seen Tal genannt wird. Dieser See wird Doppelsee genannt, weil er sich bei sinkendem Wasserstand in zwei Teile teilt.

Dort genehmigen wir uns einen leckeren Blaubeerstrudel, bevor wir uns auf den sich sehr lang hinziehenden Weg zur letzten Berghütte Dom na Komni aufmachen. Uns begegnen auf unserem Wege einige Familien mit kleinen Kindern, die wir zunehmend bewundern, denn der Weg ist wirklich recht anstrengend bis zur Hütte Koča pri Triglavskih Jezerih. Die Landschaft wird mit jedem Schritt grüner und saftiger. Nach einem gefühlt „endlosen“ Marsch mit zahlreichen Kurven, vielem Auf und Ab kommen wir langsam wieder zurück in die Zivilisation und verbringen unsere vorletzte Nacht auf der Berghütte Dom na Komni. Wir genießen in der untergehenden Sonne noch eine großartige Aussicht auf den Bohinjer See – Wocheiner See.

6. Tag – Dom na Komni nach Tolmin

Am letzten Tag steht uns noch eine Mammuttour mit ca. 22 km und 752 hm rauf sowie über 2000 hm runter nach Tolmin (200 m) bevor. Auf dem Pass Globoko sehen wir das Mittelmeer am Horizont schimmern und unser Ziel Tolmin im Tal vor uns liegen. Dabei entdecken wir die ersten schwarzen, unheilverkündenden Wolken am Himmel.

Nach Besichtigung einer sauberen Biwakkiste und verschiedener in die Felsen gebauten Bunkeranlagen regnen sich die ersten Wolken schon sichtbar vor uns ab.

Wir können uns gerade noch rechtzeitig mit regensicherer Kleidung umhüllen, bevor uns dicke Regentropfen mit anschließendem Hagel in die nahegelegene Schutzhütte Koča na planini Razor treiben, in der wir uns aufwärmen und lokale Köstlichkeiten zu uns nehmen.

Dann steht dem letzten Abstieg durch den Wald nach Tolmin nichts mehr im Wege. Nach Besichtigung der Dante-Höhle, benannt nach dem italienischen Dichter und Philosophen Dante Alighieri, welcher in der Höhle angeblich die Inspiration zu seiner Göttlichen Komödie gefunden haben soll, wollen wir noch die Tolmin-Klamm, die auch zum Nationalpark Triglav gehört, begehen.

Sie ist leider schon geschlossen, aber oberhalb der Schlucht hat man über die Teufelsbrücke, eine Eisenkonstruktion aus italienischer Zeit, welche die alte Holzbrücke ersetzte, eine gute Sicht auf die Schlucht.

Wir kommen noch an Loce pri Tolminu, einem Soldatenfriedhof aus dem Ersten Weltkrieg, vorbei, bis wir endlich zu unserem letzten Ziel, dem Hostel Paradiso gelangen. In Tolmin gibt es gefühlt „nur“ Pizzerien, was uns aber nicht abhält, unseren letzten Abend mit einem köstlichen Mahl zu beenden.

Am nächsten Tag fahren wir früh mit dem Bus zum nächsten Bahnhof in Most na Soci. Von dort geht es nach Jesenice und von dort via Eurocity zurück nach Grafing. Glücklicherweise hat Marcel für uns alle Platzkarten reserviert, denn der Zug ist total überfüllt und viele Reisegäste müssen stehen bzw. den Zug verlassen. Nun sind wir wieder alle gesund und munter, voll mit neuen Eindrücken und Erlebnissen in Grafing gelandet und freuen uns schon auf die letzte Etappe im nächsten Jahr.

Ich habe noch herausgefunden, dass die UNESCO die Julischen Alpen, zu denen auch das Soča-Tal gehört, zu Sloweniens erstem Biosphärenreservat von internationaler Bedeutung erklärt hat. Die einzigartige Schönheit der Natur wurde auch von den Machern des Films „Die Chroniken von Narnia: Prinz Kaspian von Narnia“ erkannt, die einige aufregende Szenen des berühmten Films im Soča-Tal gedreht haben.

Simone Suski