Tagweide (2128 m) & Hochkarfelderkopf (2218 m) am 06.07.2024

Die Tour war eigentlich für Sonntag, den 07.07.2024, ausgeschrieben. Wegen der sehr schlechten Wetterprognose wird sie um einen Tag vorverlegt. Nicht alle Teilnehmer können diesen Termin wahrnehmen, so sind wir nur zu viert. Dennoch geht es schon um fünf Uhr in der Früh von Grafing los, der Weg über die A10 und B162 nach Abtenau ist lang, und ein Pickerl müssen wir ja auch noch kaufen.

Geführt von Margot Morris starten wir unsere Tour um dreiviertel acht vom Parkplatz Karalm, 977 m. Beim Aufstieg zur Wandalm auf 1380 m fällt uns gegenüber im mächtigen Fels der Langwand eine riesige Höhlenöffnung auf. Dahinter verbirgt sich die Jack-Daniel’s-Höhle, wie sich später herausstellt. Sie erstreckt sich gut 10 km ins Tennengebirge hinein, bei einem Höhenunterschied von 750 m. Benannt ist die Höhle nicht etwa nach der bekannten Whiskymarke, sondern nach ihren beiden polnischen Entdeckern, den Höhlenforschern Jacek „Jack“ Wisniowski und Daniel Oleksy.

Hier an der Wandalm wird sich später die Runde unserer Tour wieder schließen. Geradeaus geht es direkt zur Laufener Hütte, wir wenden uns aber zunächst nach links (Osten), um den Sattel zwischen der Tagweide und der Schallwand zu erreichen. Erst in Serpentinen, dann schnurstracks steil am Fels der Schallwand entlang gewinnen wir rasch und deutlich schnaufend an Höhe. Am First (1820 m), so nennt sich der Grassattel offiziell, gönnen wir uns eine kurze Pause. Wir bewundern die hier schon umwerfenden Aussichten, die üppige Blumen- und Kräuterpracht und die beeindruckende Gebirgslandschaft um uns herum.

Weiter geht‘s nach Süden, erst mal einen Grashang hinauf. Kurz vorm Übergang in den Fels teilt sich der Weg in „normal“ und „über Kamin“. Schon klar, was wir wählen. Gleich gehts in anregender Kletterei steil den Fels hinauf. Wo nötig, helfen uns Stahlseile, den Grat der Tagweide sicher zu erreichen. Die Aussicht ist nun gigantisch, wir bleiben stehen und bestaunen die Berg- und Talwelt um uns herum. Der Weg wird jetzt flacher, wir schlendern fast gemütlich hinauf zum Gipfelkreuz der Tagweide. Elfe is worn, Zeit für eine Gipfelbrotzeit. Unglaublich weit weg und unglaublich tief unter uns können wir die Laufener Hütte erkennen. Da wollen wir heute noch hin.

Also schnell ein Gipfelfoto gemacht und auf geht‘s zum nächsten Gipfel. Jetzt wirds wieder durchaus spektakulär. Über einen schmalen Grat steigen wir ausgesetzt ein paar Meter ab und klettern dann an einem drahtseilversicherten Felsaufschwung ebenso ausgesetzt wieder auf den Grat zurück und gelangen so zum Südgipfel der Tagweide. Auf dem Steig dahin finden wir auch die in der Tour-Ausschreibung versprochenen Edelweiße, sogar ein paar besonders schöne Exemplare! Über steile Grashänge wandern wir abwärts in eine Scharte und erreichen in leichtem Auf und Ab den nächsten Nebengipfel, um dann über einen Grashang hinunter zu einer Rinne zu gelangen, die uns nochmal etwas Kraxelei abverlangt. Nun endlich können wir über einen steilen, aber unschwierigen Schrofengrat den Gipfel des Hochkarfelderkopfs ersteigen. Hoibe oans is worn, Zeit für eine kleine Stärkung und Erfrischung. Wir schauen noch eine ganze Weile in die Runde und genießen und bewundern mal wieder das unbeschreibliche Panorama. Wir haben schon lange keine anderen Wanderer mehr getroffen – es wird wohl auch keiner mehr kommen, also muss ein Gipfelselfie her.

Der Abstieg führt uns über einen breiten Rasenkamm hinunter zu einem Sattel, wo der Weg zur Laufener Hütte nach Nordwesten abbiegt. Vorher nehmen wir noch den kleinen Abstecher zum Edelweißkogel in Angriff. In ein paar Minuten sind wir oben am Gipfel, den auf 2029 m Höhe ein kleines, aber feines Gipfelkreuz ziert. Kurz noch ein weiteres Gipfelselfie, ein letzter, zufriedener Rundblick auf die ganze Herrlichkeit um uns herum. Uhrenvergleich: Kurz vor zwei. Wir machen uns endgültig an den Abstieg runter zur Hütte.

Der Weg ist abwechslungsreich und kurzweilig. Latschen und blühender Almrausch säumen den Pfad, vereinzelt auch Lärchen und Tannen. Aufpassen muss man dennoch: Der Steig ist ziemlich holprig, der Kalkstein ausgewaschen. Nach einer knappen Stunde haben wir die Hütte erreicht. Es ist dreiviertel drei. Die Laufener Hütte ist eine Selbstversorgerhütte auf 1726 m Höhe und wurde von der Sektion Laufen in den Jahren 1925/26 erbaut. Es sind einige Gäste da, jung und alt, wie wir sehen. Morgen soll Bergmesse sein, erzählen sie uns. Sie sind aber sehr skeptisch, weil das Wetter in der Nacht umschlagen soll. Das ist ja genau der Grund, warum wir heute hier sind und nicht morgen. Das Hüttenteam versorgt uns freundlich und zuvorkommend mit Getränken, sonst gibt es nur, was man selber mitbringt. Wir erfahren, dass das Team nach einem Jahresplan zwischen Mai und Oktober wöchentlich wechselt. Versorgt wird die Hütte einmal im Jahr per Heli. Glücklich und zufrieden ruhen wir uns noch eine Weile aus und packen dann die letzte Etappe an.

Gemütlich geht es weiter talauswärts, bis wir zu einem Schuttkar gelangen, das von den Hängen der Tagweide herunterreicht. Hier wird es etwas steiler und unangenehmer, zur Auflockerung können wir aber ein paar Gämsen im Kar beobachten. Es folgt noch ein kleiner Gegenanstieg und schon sind wir wieder an der Wandalm. Hier schließt sich unsere Runde – es ist dreiviertel fünf. Uns bleibt jetzt noch der finale Abstieg durch den Wald zum Parkplatz, der ist in einer knappen Stunde geschafft. Um dreiviertel sechs sind wir zurück am Auto.

Diese Rundtour war ein echtes Highlight bei bestem Wetter: Landschaftlich ganz großes Kino, aussichtsreich, abwechslungsreich, anregend, aufregend, anstrengend. Insgesamt waren wir 10 Stunden unterwegs bei etwa 16 km Weglänge und 1500 Höhenmetern. Herzlichen Dank an Margot für diesen unvergesslichen Tag im Tennengebirge.

Manfred Stiegler