12.-13.08.2023
Unsere Tourenführerin Margot Morris hat sich mal wieder eine ganz besondere Rundtour einfallen lassen: vom Talschluss des Ridnauntals in Südtirol über den „Sieben-Seen-Weg“ zur Teplitzer Hütte, am nächsten Tag auf die Aglsspitze und über die Aglsalm und Burkhardtklamm wieder zurück. Das hört sich nach zwei langen Wandertagen an, mit vielen Kilometern und vielen Höhenmetern, kombiniert mit einer langen Anreise – und es klingt fantastisch!




Ganz früh am Samstag, nach einer kurzen Nacht, geht‘s mit dem Vereinsbus von Grafing los, Abfahrt 5 Uhr! Wir sind zu neunt, fahren über den Brenner nach Sterzing und ins Ridnauntal. Ganz am Ende des Tals liegt die Ortschaft Maiern, dort am Parkplatz des Bergbaumuseums (1417 m) starten wir unsere Tour. Bis wir alle abmarschbereit sind, wird es drei viertel acht. Los geht’s! Durch das Gelände der ehemaligen Erzaufbereitungsanlage steigen wir zunächst steil auf, um bald flacher durch das langgezogene Lazzacher Tal zum Eingangsbau des Poschhausstollens (1976 m) zu gelangen. Der Erzbergbau hat hier in der Region eine lange Tradition. Urkundlich belegt sind Aktivitäten ab dem 13. Jahrhundert, Mitte der 80er-Jahre des 20. Jahrhunderts ist Schluss. Der Betrieb wird eingestellt, die bergbaulichen Anlagen und Überreste sind noch überall präsent, verrotten so vor sich hin. Skurrile Relikte aus alter Zeit sind auch noch vorhanden, als die Erzaufzüge noch mit Pferdekraft betrieben wurden, z. B. gleich vor uns ragt schnurstracks eine steile und ewig lange Rampe auf, aus starken Holzbohlen und großen Steinplatten recht gleichmäßig in den Berghang gebaut. Sie soll als Laufweg für mit Wasser gefüllte Bremswagen gedient haben, um die Geschwindigkeit der schweren, vollen Erzbehälter abwärts zu reduzieren.
Nun müssen wir da schnurstracks hoch. Schweißtreibend! Schwer schnaufend erreichen wir oben wieder einen normalen Bergweg, der uns zu den ersten Seen leitet, den Mittleren und den Oberen Moarer Egetsee. Schon seit einiger Zeit sehen wir einen hellen Berg aufragen, dessen Sockel sich beim Näherkommen als eine schneeweiße Marmor- Schutthalde herausstellt. Moarer Weißen wird der Berg genannt und ist über 2800 Meter hoch, die Seen liegen ein paar Hundert Meter tiefer. Der Marmorschutt fließt sozusagen direkt in den Mittleren Moarer Egetsee, das ganze Panorama spiegelt sich pittoresk im See. Beim Blick zurück erkennen wir, dass wir am Unteren Moarer Egetsee vorbeigelaufen sind, ohne ihn überhaupt bemerkt zu haben. Wir queren die Marmor-Schutthalde und steigen zum Egetjoch auf 2700 Meter empor. Das ist der höchste Punkt des heutigen Tages. Mittagspause mit Blick auf die umliegenden Gipfel, zum Teil deutlich über 3000 Meter hoch, einige vergletschert. Naja, was davon halt noch so übrig ist.
Gestärkt steigen wir ab zum türkisblauen Hinteren Senner Egetsee, das müsste dann See Nummer 4 sein.
Durch immer mehr faszinierende Berglandschaften steigen wir weiter in ein Hochtal ab, die Obere Senner Egeten. Alles eigenartige Namen, aber landschaftlich grandios. Viel Wasser fließt durch das Hochtal, wir müssen einige Male Wasserläufe spektakulär queren oder beherzt überspringen. Anfangs ist die Hochebene noch sehr karg und steinig, im weiteren Verlauf wächst und blüht auf leicht moorigem Grund dichtes Wollgras. Ganz malerisch stehen und liegen dort Schafe und schauen neugierig, wer sie denn da in ihrer beschaulichen Ruhe stört. Wir passieren noch den Großen und den Kleinen Vorderen Senner Egetsee und steigen dann weiter auf dem Steig ab, der uns etwas oberhalb am Trübensee vorbeiführt. Schon klar, warum der so heißt. Und es ist See Nummer 7, nun dürfte keiner mehr kommen.

Es folgt noch ein langer Abstieg herunter zu den Sandböden auf ca. 2100 Meter. Schon lange vorher haben wir unser Tagesziel hoch oben auf dem gegenüberliegenden Berghang erspäht, die Teplitzer Hütte auf 2586 Metern Höhe. Auweh, eigentlich haben wir schon fertig! Und wir steigen immer noch ab in die Sandböden. Links rauscht stetig viel Gletscherwasser von den steilen Felswänden herunter. Wir können sie von hier aus nicht sehen, aber da oben gibt es noch etliche Gletscher. O Gott, wie lange noch?! Am Ende der Sandböden hat sich der wild rauschende Fernerbach seinen Weg durch eine Felsschlucht gefräst. Wir überqueren einzeln das tobende Wasser auf einer etwas wackligen Brücke und steigen mit letzter Kraft (also zumindest ich) über die Grohmannhütte steil auf zur Teplitzer Hütte. Um halb sechs abends ist sie erreicht.
Die Hütte liegt etwas oberhalb eines kleinen Sees, spektakulär überstehend auf einem Felstableau, mit sensationellen Tiefblicken ins Ridnauntal, auch zu den Sandböden und dem Trübensee mit den umliegenden Bergen. Beeindruckend auch der Blick nach Westen auf die Gletscherlandschaft. Wir werden von den Hüttenleuten freundlich empfangen, bestens verköstigt und kommod untergebracht. Bei der Abendbesprechung ändern wir den ursprünglichen Plan für morgen. Wegen Hüftproblemen bei einem Teilnehmer können wir nicht alle gemeinsam auf die Aglsspitze und von dort direkt über den Pfurnsee ins Tal absteigen. So ist der neue Plan, mit leichtem Tagesrucksack aufzusteigen, zur Hütte zurückzukehren und gemeinsam mit dem maladen Kollegen ins Tal abzusteigen, ohne den Pfurnsee mitzunehmen.


Zu acht starten wir am nächsten Morgen schon kurz nach sieben zum Gipfelsturm. Bei bestem Wetter geht es zügig und nie allzu steil aufwärts bis zum Hohen Trog. Hier sind zwei kleinere Seen, wo auch der Weg zum Pfurnsee abzweigt, der eigentlich als Abstiegsweg vorgesehen war. Nun wird es steiler, Geröll und fester Fels wechseln sich ab, die Hände müssen öfter zu Hilfe genommen werden. Kurz vor der Magdeburger Scharte, die am Westlichen Feuerstein über den Feuersteinferner zur Magdeburger Hütte führt, wenden wir uns an einem Steinmann nach rechts und folgen den Steigspuren in leichter Kletterei auf den Aglsspitz Nordgipfel (3180 m). Um halb zehn sind wir oben. Das kleine, rote Gipfelkreuz steht auf dem nahen, nur geringfügig höheren Südgipfel (3194 m). Vom Übergang wird dringend abgeraten, zumindest bei größeren Gruppen. Bröselig, bröckelig und daher zu gefährlich ist der kurze Übergang. Wir sind auch so mehr als zufrieden. Die Nahblicke auf die Feuersteine und deren Ferner gleich hinter uns sind spektakulär, die Tiefblicke in die Täler sensationell und die Blicke in die vergletscherte Berglandschaft atemberaubend. Einige Gletscher und Gipfel können wir sogar sicher zuordnen, z. B. den Hangenden Ferner mit der Hohen Wand und dem Hochgrintl, darüber der Grüblferner mit dem Aperen Feuerstein, weiter links der Übeltalferner mit Signalgipfel, Wilder Freiger, Wilder Pfaff und Sonklarspitze. Sogar das Zuckerhütl glauben wir zu erkennen. Hoch über dem Übeltalferner thront gut erkennbar das Becherhaus.
Wir können uns gar nicht satt sehen, aber irgendwann müssen wir uns loseisen. Umsichtig und mit der nötigen Konzentration steigen wir auf dem Aufstiegsweg wieder ab und sind um Schlag 12 Uhr wieder auf der Teplitzer Hütte, rechtzeitig zum Mittagessen. Ein Schild preist frische Weißwürste mit Brezn an. Ein Teilnehmer bestellt die tatsächlich und ist sogar ganz zufrieden. Die anderen halten sich lieber an die landesüblichen Hüttengerichte. Zum Nachtisch gibt es noch herrlichen Buchweizenkuchen und eine nette Unterhaltung mit der jungen Hüttenwirtin, die wohl aus der Oberpfalz stammt.
Jetzt müssen wir aber endlich ins Tal absteigen. Unseren hüftkranken Kollegen nehmen wir in die Mitte und machen uns auf den Weg nach unten. Den steilen Abstieg an der Grohmannhütte vorbei bis zum Fernerbach kennen wir ja schon von gestern. Der Rest ist meist weniger steil, aber nicht minder abwechslungsreich. Wir passieren einige imposante Wasserfälle und eindrucksvolle Felswände, bevor wir den Hochmoor- ähnlichen Aglsboden erreichen. Hier wählen wir den weiteren Abstieg durch die grandiose Burkhardtklamm, wirklich sehens- und erlebenswert. Nach Maiern ist es nun nicht mehr weit, um 17 Uhr sind wir wieder am Parkplatz. Zwei herrliche, anspruchsvolle Bergtage sind um, anspruchsvoll nicht nur für den Körper, sondern auch für die Sinne, das Aufnahmevermögen für so viele grandiose Eindrücke und Erlebnisse. Mir wird jetzt noch ganz anders, wenn ich daran denke. Herzlichen Dank an Margot für diese außergewöhnliche Tour und an die Gruppe. Ihr seid Spitze.
Manfred Stiegler