Vor 30 Jahren: Mit den „friedlichen Revolutionen“ im November 1989 in der damaligen „Tschechoslowakei“ wurde das Ende des Kalten Krieges eingeläutet. Die Grenzen öffneten sich nach Deutschland und man konnte bald frei ein- und ausreisen – auch Bergsteiger und Kletterer.
Anfang der 70er? gab es einen Besuch einer Fabrik-Sportgruppe aus Brünn, die bei uns in den Bergen wandern wollte, ein Jahr später gab es die Einladung zum Gegenbesuch nach Brünn und in die Hohe Tatra. Dieser Kontakt wurde die folgenden Jahre von Eva und Klaus Mörtel sowie auch von Hans Ramsl gepflegt und es fanden auch Besuche im Klettergebiet Adersbach nahe dem damaligen Dreiländereck DDR-Polen-Tschechoslowakei statt.
Daher fragte mich Hans Ramsl, ob wir nicht mal mit ihm hinüberfahren wollen zum Kennenlernen, Klettern und einem späteren Jugendaustausch? Also nahm Hans den Markus Tristl und mich im Herbst 1990 mit nach Adersbach. Getroffen haben wir uns dann vor Ort noch mit Hans Wirl und seinen Söhnen.
Trotz der Grenzöffnungen waren hinter Philippsreut auf tschechischer Seite noch die Maschinengewehrnester vorhanden, es gab noch Zwangsumtausch einer gewissen Menge D-Mark in tschechische Kronen und mit Devisen konnte man billiger tanken, durfte sich aber immer noch nicht erwischen lassen. Da ich damals noch aktiver Zeitsoldat bei der Bundeswehr war, hatte ich vorab noch Gespräche mit dem MAD! Die Preise waren damals wie bei uns in Deutschland, doch mit einem Wechselkurs von 12:1 kostete ein Mittagessen damit für uns in der Tschechoslowakei nur eine Mark – wirklich schräg.
Wir wurden sehr herzlich empfangen, wohnten im Haus neben dem zugehörigen Campingplatz und wurden von der Chefin Eva umsorgt. Für die Kletterei im für uns neuen Sandstein hatten wir in Radek einen super Führer, der sich in dem Labyrinth der Adersbacher Felsenstadt und Umgebung bestens auskannte und auch die leichteren Klettertouren für uns Neulinge im Sandstein kannte. Die Highlights waren sicher die Türme „Liebespaar“, „Sphinx“ und die zahlreichen Risskamine! Im Sandstein habe ich mit knapp elf Metern auch meinen bisher größten unfreiwilligen Absprung ins Seil gemacht, gottlob in den großen Ringhaken, der immer im oberen Drittel eines Turmes vorhanden ist.
Ansonsten gibt es, durch die sächsischen Kletterregeln festgelegt, nur Knotenklemmkeile, Bäume, Sanduhren und das Verklemmen sämtlicher Körperteile, oder wie Markus einmal praktiziert hatte: den Helm.
Unterhaltsam waren auch die auf den meisten Felstürmen vorhandenen kleinen Blechschachteln mit Gipfelbüchern, teilweise noch aus den 60er-Jahren, die durchaus künstlerischen Wert besaßen. Für eine Erfrischung sorgten immer die an einer Reepschnur mitgeführten Bierflaschen und nach dem Abseilen ein Bad im nahegelegenen kleinen See inmitten der Felsenstadt.
Mit diesen Erfahrungen planten wir dann für das Jahr 1991 einen Besuch mit unserer Jugendgruppe in Adersbach, doch wegen der politischen Entwicklungen und kompletten Grenzöffnungen waren alle Tschechen in ganz Europa zum Bergsteigen unterwegs und für uns lag ein Infoschreiben mit Schlüssel bereit, wir sollten uns wie zu Hause fühlen und die Abrechnung in einem Umschlag hinterlegen. War trotzdem ein schöner Urlaub, auch wenn wir nicht alle Touren gefunden haben, oder manches für uns ohne Führer zu schwer war. Der Jugendaustausch kam danach leider nicht mehr zustande.
Die Felsenstadt und Umgebung wurde bereits 1933 zum Schutzgebiet, mittlerweile mit Eintrittspreisen, Öffnungszeiten sowie teilweise Sperrungen, und man kann die Kletterbereiche nur mit Zugangskarte betreten. Der Tourismus hat so zugenommen, dass ab dem kommenden Jahr 2021 über Zugangsbeschränkungen nachgedacht wird.
Thomas Scheller